Von Hauspflege bis zur Kulturpforte
SWP | 16.04.2014 Dieser Tage fand die 29. Parlamentssitzung des Spendenparlamentes statt, bei der die Vorsitzende des Trägervereins, Anette Lachenmann, Stellung zu der Gewichtung bei der Verteilung der Fördergelder nahm.
Bericht und Bild: SWP
Der Bericht der Finanzkommission machte klar, dass allen fünf Anträgen stattgegeben werden konnte und noch über einen zusätzlichen Betrag von 2000 Euro abgestimmt werden konnte. Unter der souveränen Leitung durch die Tagesordnungspunkte durch Gerd Pflumm wurden anschließend diese fünf Projekte vorgestellt, die sich während der zeitlich verlängerten Antragsfrist an das Spendenparlament gewandt und um finanzielle Unterstützung gebeten hatten.
Das erste der Projekte unter dem Träger der Hauspflege und Nachbarschaftshilfe Metzingen unterstützt den offenen Treff im Rollator-Tanzen. Lebhaft wurde die positive Wirkung dieses Treffs von Sybille Küßner vermittelt. Mit insgesamt 2420 Euro kann die Finanzierung der Tanzlehrerin bewerkstelligt und die Bereitstellung und Reparatur von Rollatoren unterstützt werden. “Clowns im Pflegehaus” ist ein Projekt des Freundeskreises Wannweil. Damit wird der regelmäßige Besuch von zwei ausgebildeten Pflegeheimclowns im Pflegeheim mit 1700 Euro unterstützt. Diese Besuche werden von vielen Heimbewohnern mit Freude erwartet. Ein Projekt des “Arbeitskreises Leben” wird mit 1500 Euro unterstützt. Dadurch wird die fachliche Ausbildung von ehrenamtlichen Krisenbegleitern ermöglicht.
Mit 1230 Euro wird das Projekt der Ridaf in Reutlingen unterstützt. Diese Summe wird die Umrüstung von Fahrzeugen zu ermöglichen, die überwiegend im Auftrag des Sozialamtes unterwegs sind und deren Umweltplaketten nicht mehr für diesen Einsatz erlaubt sind. Ein Verein, der am 14. Mai gegründet wird ist, die Kulturpforte Reutlingen. Dieser wird Menschen mit geringem Einkommen die Teilhabe an kulturellen und sozialen Projekten ermöglichen. Die Anschubfinanzierung durch das Spendenparlament beträgt 3500 Euro.
Im Zusammenhang mit der Vorstellung aller fünf Projekte kam es bei den bedachten Institutionen und Trägern zu interessierten und ergänzenden Nachfragen. Die Sitzung war lebhaft und informativ. Zum Abschluss des offiziellen Teiles wurde über das Ergebnis eines Projektes berichtet, das im November 2011 vom Spendenparlament unterstützt worden war. Der “Arbeitskreis Weltladen macht Schule” wird von vielen Schulklassen und Konfirmandengruppen besucht und läuft zur Zufriedenheit aller Beteiligten.
Zum Abschluss des Abends fanden die von der Vollkornbäckerei Berger ofenfrischen gespendeten “Parlamentsbögen” großen Anklang – und bei einem Gläschen Wein fanden noch angeregte Gespräche statt.
Reutlinger Wochenblatt 02.04.2014 – REUTLINGEN. Günther Schäfer, Rüdiger Weckmann und Friedrich Länge. Diese drei Herren verbergen sich hinter der Kulturpforte Reutlingen e.V., die demnächst gegründet werden soll. Ziel des Vereins soll es sein, in Kooperation mit der Liga der Wohlfahrtsverbände, Freikarten für Kulturveranstaltungen an Menschen mit geringem Einkommen zu vermitteln.
Die Idee dieser Vereinigung stammt ursprünglich aus dem hessischen Marburg. Dort entstand sie mit dem Namen Kulturloge im Jahr 2009.
Deutschlandweit gibt es inzwischen in 20 Städten Kulturlogen oder Kulturpforten – in Baden-Württemberg existiert bisher nur eine in Ulm. Reutlingen wird somit die zweite Stadt in diesem Bundesland sein, die chronisch psychisch Kranken, Alleinerziehenden, Familien mit Kindern aber auch Menschen mit Migrationshintergrund Kulturveranstaltungen ermöglichen wird. Geplant ist dieses Projekt seit November 2012.
Nicht verkaufte Eintrittskarten und/oder Freikarten werden für Menschen mit geringem Einkommen zur Verfügung gestellt. Ehrenamtliche Mitarbeiter vermitteln telefonisch montags bis freitags, die Kulturangebote, die den Gästen zusagen. Diese müssen auf einem Flyer zur Anmeldung lediglich den Namen, die Adresse, die Telefonnummer sowie die Art der sie interessierenden Veranstaltungen angeben. Die Karten sind auf ihren Namen hinterlegt.
Den Mitarbeitern der Kulturpforte ist es sehr wichtig, dass die Klienten anonym bleiben. Grundsatz der Kulturloge soll es dabei sein, niemanden bloßzustellen oder zu beschämen, aber auch diskriminierungsfrei mit den Menschen umzugehen.
Sollte es nach einiger Zeit mehr Bedarf geben, so werde der Verein die Telefonzeiten erweitern.
Dadurch möchte die Kulturpforte diesen Menschen eine Teilhabe an Veranstaltungen in Reutlingen ermöglichen.Der Schlüssel dazu soll der persönliche Kontakt zu den Menschen sein.
Rüdiger Weckmann, einer der drei Gründer der Kulturpforte, gab beim Pressetermin am 14. März zu, dass es trotzdem nicht zu verhindern sei, dass diese Möglichkeiten ausgenutzt werden. Dennoch solle gegen solche denkbaren Fälle vorgegangen werden, so Weckmann.
Die Gründung der Kulturpforte soll am 14. Mai diesen Jahres sein.
Bisher haben sich zwölf Kulturveranstalter bereit erklärt, Freikarten an Menschen mit niedrigerem Einkommen zu verschenken, darunter das Kulturzentrum franz.K, das Theater Die Tonne, städtische Verantstalter, das Naturtheater aber auch das Landestheater Tübingen haben ihre Zusagen gegeben. Eine Erweiterung in Nebenstädte wäre also nicht ganz unrealistisch. Die Philharmonie Reutlingen wurde ebenso angefragt, aber bisher gibt es von dort noch keine Rückmeldungen.
Die Schirmherrschaft für das Projekt übernimmt die Oberbürgermeisterin Barbara Bosch.
Die Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt (AWO) des Ortsvereins Reutlingen e.V., Gisela Steinhilber, »hofft auf gute Resonanz«.
Weckmann fügte dem hinzu, dass die Umsetzung »langsam anfängt und sich sukzessiv steigert«. Vielleicht werde es bald auch möglich sein, diese Menschen bei Bedarf zu Veranstaltungen zu begleiten um ihre Hemmungen zu senken, so Weckmann.
»Kulturpforte« vermittelt Freikarten
VON NORBERT LEISTER, GEA 30.03.2014
REUTLINGEN. Kultur darf nicht nur was für Bessergestellte sein, die sich Konzerte, Museums- oder Theaterbesuche problemlos leisten können. Dieser Gedanke treibt Friedrich Länge, Günther Schäfer und Rüdiger Weckmann schon seit vielen Monaten um. »Vor rund einem Jahr haben wir begonnen, für die Idee einer Kulturpforte zu werben«, sagte Weckmann gestern beim Pressetermin im Reutlinger »Stadtboten«.
Der ist übrigens Kooperationspartner der neuen Initiative – »ohne den Stadtboten würde das Ganze nicht funktionieren«, so Schäfer. »Das ist aber auch für uns als Liga der Wohlfahrtsverbände und Betreiber der Freiwilligenagentur ein freudiges Zusammentreffen«, betonte Gisela Steinhilber. Warum? »Weil dadurch die Einrichtung hier weiter belebt wird.«
Ohne Diskriminierung
Denn: Im »Stadtboten« sollen die Freikarten, die Kulturveranstalter zur Verfügung stellen, an die Bedürftigen gebracht werden. Und zwar nicht rein passiv, indem die 40 ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Freiwilligenagentur auf Anfragen warten, sondern auch aktiv: »Wir werden eine Liste mit bedürftigen Interessenten erstellen, die angeben, für welche Bereiche sie sich interessieren«, so Weckmann. Sind dann Freikarten etwa vom Theater »Die Tonne« zu vergeben, werden Interessierte angerufen, informiert und die Karten auf deren Namen zurückgelegt. »Das funktioniert ohne Hindernisse und ohne Diskriminierung.«
Die Idee für solch eine Initiative kam aus Marburg. Die dortige »Kulturloge« nahm 2009 den Betrieb auf. Der Gedanke dahinter: Die Freikarten sorgen dafür, dass bedürftige Menschen nicht länger »vom sozialen und kulturellen Leben ausgeschlossen sind«, wie Weckmann betonte. Denn: Klar sei doch, dass arme Menschen sich die Eintrittskarten für Veranstaltungen schlussendlich nicht leisten können (siehe Info-Box). Die Reutlinger »Kulturpforte« wäre im Übrigen nach Ulm und Neu-Ulm erst die zweite dieser Art in Baden-Württemberg, sagt Weckmann.
Nun suchen Schäfer, Länge und Weckmann weitere Mitstreiter, in der Hoffnung, dass der Verein ein Erfolg wird. »Wir brauchen aber noch mehr Leute, damit wir hoffentlich bald auch samstags den Stadtboten geöffnet haben«, so Rüdiger Weckmann. In den kommenden Monaten werden die Karten zunächst zu den üblichen Öffnungszeiten der Freiwilligenagentur von montags bis freitags zwischen 11 und 15 Uhr an die Kultur-Interessierten gebracht.
Vereinsgründung steht an
Eine Vision der Initiatoren ist zudem, dass Menschen mit wenig Geld begleitet werden könnten, »wenn sich etwa psychisch oder körperlich Beeinträchtigte allein nicht trauen«, so Weckmann. Aber: »Jetzt steht erst mal die Vereinsgründung im Mai an.« In anderen Städten wie Berlin etwa ist solch eine Initiative durchaus ein Erfolg: »Da gibt es 5 000 angemeldete Gäste und 1 800 vermittelte Karten pro Monat«, betont Weckmann. 56 Prozent aller »Kunden« würden dabei zum ersten Mal überhaupt Kulturveranstaltungen besuchen.
In Reutlingen gab es zunächst die Zusage für regelmäßige Freikarten vom »franz.K« und der »Tonne«, für städtische Veranstaltungen sollen ebenfalls kostenlose Tickets zur Verfügung gestellt werden. Insgesamt zwölf Veranstalter haben bis jetzt Freikarten-Zustimmung signalisiert, die Württembergische Philharmonie Reutlingen steht noch aus.
Auch LTT und Lindenhof
Zusagen kamen aber auch von auswärtigen Kulturschaffenden wie etwa vom Landestheater Tübingen (LTT) oder dem Theater Lindenhof in Melchingen: Bei ihren jeweiligen Auftritten in Reutlingen werden ebenfalls Freikarten für Bedürftige berücksichtigt. (GEA)